Kirche / Glocken / Turm

Kirche / Glocken / Turm

Zur Geschichte der Kirche

1781
Um dem unhaltbar gewordenen Mangel an Sitzplätzen in der alten Kirche endlich abzuhelfen, wurde ein Neubau geplant. War es doch bald zur Regel geworden, dass «an Abendmahlssonntagen um 200 Personen ausserhalb der Kirche kommunizieren mussten, da die alte Kirche nur für 800 Personen Platz bot. Denn seit 1709 hatte sich die Seelenzahl um 1200 auf 2504 vermehrt.»

Februar 1785
In der Vorbereitungsphase galt es dreierlei zu bewältigen: Erstens hatten Hinwil Dorf und die sechs Wachten sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen, was in langwierigen Verhandlungen gelang. Dann galt es, den Chor der alten Kirche, der dem Ritterhaus Bubikon gehörte, um 1500 fl zu erwerben, um freie Hand zu bekommen für den Neubau. Schliesslich wurde man mit Baumeister Franz Schmid von Lindenberg im Ällgäu einig, dass er den Bau für 4451 fl erstelle, wobei die Gemeinde sich verpflichtete, «alle Baumaterialien auf den Platz zu liefern, nemlich: Holz, Steine, Sand, Kalk, Gips, Ziegel, Setzsteine usw.» Die hiezu nötigen Fronarbeiten wurden wie folgt organisiert: «Alle, welche den Degen trugen (d. h. Stimmbürger waren), mussten Frondienste tun. Wer Pferde oder Ochsen hatte, musste auch Fuhrleistungen übernehmen, in und ausserhalb der Gemeinde. Die Leute waren in 18 Rotten eingeteilt, deren jeder ein Rottmeister vorstand. An Holz und Geld wurden gespendet: 244 Baumstämme,130 Bretter und 240 fl.»

Mai 1785
Jetzt konnte mit der Planie des Umgeländes und dem Ausheben des Fundamentgrabens begonnen werden. Bis im Spätherbst war die grosse Stützmauer gegen Süden errichtet, das Fundament gemauert und das erforderliche Baumaterial herbeigeschafft und gelagert.

April 1786
Am 8. April versammelten sich 33 Zimmerleute, Maurer, Steinhauer, Schreiner und ein grosser Teil der Gemeinde auf dem Kirchhügel zur Grundsteinlegung. Mit Psalmengesang, Gebet und Ansprache des Pfarrers weihte man den Eckstein und befahl den begonnenen Bau dem Schutz und Segen Gottes. «Bald wurde die alte Kirche ausgeräumt und fortan ohne Bestuhlung darin Gottesdienst gehalten. Man wich während des ganzen Umbaus nicht aus derselben. Auch als das Dach weggenommen war, konnte das Volk bei dem an den Sonntagen meist gut ausgefallenen Wetter ohne Störung sich versammeln. Man verteilte sich auf den Gerüsten, niedergerissenen Mauern, Steinen usw.»

Um 1900, links Sekundarschulhaus, rechts Gemeindehaus

Dezember 1786
Im Dezember war es dann soweit, dass man an die Bestuhlung der neuen Kirche gehen konnte. Um zu verstehen, warum «ob diesem subtilen Geschäft ein heftiger, leidenschaftlicher Streit entbrannte», muss man folgendes wissen: Jedes Familienoberhaupt hatte seinen Sitzplatz in der Kirche zu kaufen. Dieses Geld äufnete das Kirchengut, war eine Art Kirchensteuer. Für die Frauen gab es reservierte Bänke, z. B. 1. Bank Ringwil, 2. Hinwil, 3. Ringwil, 4. Unterholz usw. «Vom 6. bis 8. Dezember fand eine Gant statt über die neuen Kirchenstühle. Für die Krebsstühle (mit Armlehnen) löst man im Chörli (vis à vis der Kanzel) 40 – 120 fl, auf den Emporen 20 – 90 fl, gesamthaft 19 354 fl.» Heiss gestritten wurde nun um die «Weiberbänke», deren Reihenfolge in der alten Kirche seit Jahrhunderten feststand. Die Bankanordnung in der neuen Kirche war aber verändert. Um keinen Preis wollten z. B. die Ringwiler auf ihr Recht verzichten, in der ersten und dritten Bank zu sitzen. «Vergeblich versuchten Pfarrer und Stillstand (Kirchenpflege) zu schlichten.» Der Handel musste vor den Landvogt in Grüningen gebracht werden und zog sich bis 10 Tage vor die Einweihung der Kirche hin.

1787
Am 23. September «ging die Kirchweihe auf die schönste Weise von statten. Fast drei Stunden dauerte die gottesdienstliche Feier und doch herrschte von Anfang an bis Ende die grösste Stille. Der Predigttext war aus Psalm 93: Deine Zeugnisse sind sehr fest, o Herr, deinem Hause geziemet Heiligkeit auf ewige Zeiten. Auch der übrige Teil des Tages wurde trotz der vielen Leute ohne grossen Lärm zugebracht.»

Quelle: Festschrift zur 200. Kirchweih 1987


Aus der Bauchronik der Kirche

Bauetappen der Kirche
1865 die älteste Kirche, die bereits um 750 urkundlich erwähnt ist, wurde auf den Mauerfundamenten einer römischen Villa erbaut.
Um 1000 erweitert, erhielt das Gotteshaus in der Romanik eine für Landkirchen unserer Region ungewöhnliche Grösse.

1786 erfolgte die Verbreiterung auf die heutigen Ausmasse.

Innenraum vor der Restaurierung (1964)

1968 – 1970 wurde unter der Leitung von P. Hintermann, Rüschlikon der Innenraum restauriert und leicht verändert: die dreiseitige Empore und die Kanzel wurden tiefer gesetzt, ein Sandsteinboden wurde verlegt und die Bestuhlung neu konzipiert.

Innenraum nach der Restaurierung (1970)

1973 wurde die neue Orgel eingebaut (mehr über die Orgel ...)

1999 wurde der Innenraum fachmännisch von den schwärzenden Ablagerungen an Wänden und Decke gereinigt und erstrahlt nun im alten Glanz.
Gleichzeitig wurde eine neue Akustik-Anlage eingebaut.

Seit 1973, Orgel Hinwil

2014 wurde der Kirchturm renoviert und der Sockelbereich der Kirche saniert. Die Glocken und der Glockenstuhl wurden ebenfalls eine Revision unterzogen, der ersten seit der deren Installation 1953! Mit Nachbesserungen konnte dann sogar die Übertragung der Bewegungsenergie vom Glockenstuhl auf das Gemäuer des Turms reduziert werden.

Auch im Innenbereich gab es Erneuerungsarbeiten: Wiederum wurden Wände und Decke gereinigt. Zur Beschattung erhielten die Süd- und Westfernstern Rollos. Weiter wurde die Akustikanlage, die zwar noch nicht wirklich alt gewesen war, sich aber für den angestrebten Zweck nicht als ideal erwiesen hatte, ersetzt und die Beleuchtung im Kirchenraum verstärkt.

Kirchenmauer
2023
wurde die Kirchenmauer Instand gestellt. Im Interesse einer dauerhaften und denkmalgerechten Sanierung der Kirchenmauern entlang der Kirchgasse und der Felsenhofstrasse wurde im April 2022 bei einer Fachunternehmung nach gemeinsamer Begehung mit der kantonalen Denkmalpflege ein Gutachten eingeholt. Das Gutachten wurde im Juni 2022 erstattet und umfasste eine Zustandsbeurteilung und ein Massnahmenkonzept für einen neuen Putzaufbau. Sondierungen zur Beurteilung der Bausubstanz ermöglichten eine eingehende Schadensdokumentation.

Der zementhaltige Putz wies diverse Hohlstellen auf, die durch das Abklopfen der Oberfläche ermittelt wurden. Entstanden sind diese Hohlstellen, weil sich die Moleküle des hinter dem dichten Zementputz gesammelten Wassers während der Frostperioden vergrösserten und es in der Folge beim historischen Mörtel und einzelnen Sandsteinen, welche die anfallende Feuchtigkeit gut aufnehmen können, zu Absprengungen kam. Der Feuchtigkeitseintrag und die Mürbigkeit des historischen Mörtels begünstigen den Bewuchs durch Pflanzen. Diese Pflanzen hafteten am zerfallenen und feuchten Kalkmörtel. Da der Kalkmörtel durch den zu dichten Zementoberputz nicht austrocknen konnte, verbreitete sich der Bewuchs stetig und führte zu Folgeschäden am bauzeitlichen Mörtel.

Aufgrund des beschriebenen Schadensbildes wurde von der Fachunternehmung empfohlen, alle dichtenden, zementhaltigen Verputze komplett zu entfernen, damit das hinter der Mauer anfallende Wasser an die Oberfläche gelangt und die Mauer austrocknen kann. Der bereits gelöste, bauzeitliche Setzmörtel musste bis auf einen haltbaren Grund zurückgearbeitet werden, um für den nächsten Mörtelantrag einen ausreichenden Haftgrund zu bieten. Lose Mauersteine mussten mit Zwickelsteinen gesichert werden. Teilabschnitte der Kirchenmauer entlang der Felsenhofstrasse mussten im gleichen Stil neu aufgebaut werden. Anschliessend wurden die Mauern mit einem Kalkputz versehen.

Diese aufwendigen Instandstellungsarbeiten wurden im Sommer 2023 erfolgreich ausgeführt.


Glocken

Der gotische Turm aus dem 15. Jahrhundert beherbergt sechs Glocken, welche im Jahre 1953 in Aarau gegossen wurden. Auf jeder von ihnen steht eine Bitte aus dem «Unser Vater».

Das Geläute ist auf die Töne G H d e fis a gestimmt und ist insgesamt 12 893 kg schwer. Dieses tiefe, schwere und somit weittragende Geläute kann in der ganzen weitläufigen Gemeinde gehört werden.

Johannesglocke,  hier können Sie sich das Geläut anhören.

 

Ton a / 511 kg / Ø 96 cm
 
Unser Vater, der du bist in den Himmeln. Dein Name werde geheiligt.

Bild mit herabschwebender Taube, die den herabschwebenden Geist Gottes bei der Taufe Jesu darstellt.

Ton fis / 893 kg / Ø 114 cm
Dein Reich komme.

Bild mit Fisch.
Die Anfangsbuchstaben Ichthys sind das Christussymbol und heissen auf deutsch Fisch.

Ton e / 1206 kg / Ø 128 cm

Dein Wille geschehe wie im Himmel, auch auf Erden.

Matthäusglocke

Ton d / 1715 kg / Ø 140 cm

Gib uns heute unser tägliches Brot.

Markusglocke

Ton H / 2882 kg / Ø 170 cm

Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben haben unseren Schuldnern.

Lukasglocke

Ton G / 5688 kg / Ø 212 cm

Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

 

Modernisierung der Glockensteuerung 1999

Im Verlauf dieses Sommers wurden im Kirchturm an den technischen Einrichtungen diverse Erneuerungen vorgenommen. Konkret: Das Computerzeitalter hat auch im Hinwiler Kirchturm Einzug gehalten.

Die mechanischen Magnetschalter, welche ihren Dienst seit 1953 (Einbau der neuen Glocken im Kirchturm) versehen haben, sind störungsanfällig geworden und mussten darum durch eine programmierbare Steuerung ersetzt werden. Diese wiederum ist am Läutcomputer angeschlossen, der die entsprechenden Befehle an die Glocken weitergibt. Dass solche Eingriffe am Läutwerk nicht ohne entsprechendes Probeläuten auskommen, ist jeweils am unregelmässigen Schlagen oder Läuten einzelner Glocken zu ungewohnten Zeiten hörbar geworden. Was sagt der Sigrist, wenn es falsch geläutet hat: "Hoffentlich hats niemand gehört!"

An dieser Stelle möchte ich der Hinwiler-Bevölkerung einmal ein Kränzlein winden. Während meiner langjährigen Tätigkeit in Kirchenpflege und als amtierender Sigrist ist nie über das Glockengeläut reklamiert worden. So ist es möglich, dass morgens in der Früh, um fünf Uhr Glocke Nr. 3 ‚e‘ während dreier Minuten den Tag ankündigt und über den Tag verteilt um elf, sechzehn und zwanzig Uhr (im Winter fünfzehn und achtzehn Uhr) die Gebetszeiten anklingen.

Mit unserem auf den Ton ‚g‘ gestimmten sechsteiligen Geläut ist es möglich, verschiedene Kombinationen zu läuten. Wussten Sie, dass Abdankungs- und Hochzeitsgottesdienste mit vier Glocken geläutet werden, jedoch in entgegengesetzer Abfolge (von unten nach oben resp. von oben nach unten). Übrigens Haben Sie gewusst, dass die mit 5686 kg grösste Glocke ‚g‘ im Gesamtgeläut einzeln bei der Gemeindeversammlung und als doppelter Stundenschlag zum Einsatz kommt? Oder haben Sie gewusst, dass die alten Hinwiler-Glocken (1827–1953) weiterhin in Davos-Frauenkirch ihren Dienst tun?

Fritz Kamm, Sigrist
aus Gemeindeseite im Kirchenbote Nr. 17/99


Anpassungen der Läuteordung

2004

Mit der neuen Läuteordnung wurde dem Ruhebedürfnis der Leute Beachtung geschenkt und das Frühgeläut von 05.00 auf 06.00 Uhr verschoben.

2020

Die Läuteordnung wurde erneut überprüft und dem wachsenden Ruhebedürfnis angepasst. Das Frühgeläut erklingt neu um 07.00 Uhr und an den Wochenenden und Feiertagen wird es ganz weggelassen.

 

Link: Läuteordnung

 

Ersatz der Fallhämmer durch Magnetschlaghämmer mit Nachtabsenkung
Im November 2020 wurde bei der Politischen Gemeinde eine Lärmklage aus der Nachbarschaft eingereicht, die zu einem Verfahren vor dem Baurekursgericht des Kantons Zürich führte. Das Verfahren wurde Ende Mai 2021 durch das Gericht auf Antrag der Politischen Gemeinde sistiert. Im Rahmen eines Gesprächs mit allen Verfahrensbeteiligten, welches Anfang April 2022 unter Leitung der Politische Gemeinde stattfand, erklärte sich die Kirchenpflege – ohne Anerkennung einer rechtlichen Pflicht – bereit, bauliche Massnahmen zu prüfen.

Am 13. September 2022 beschloss die Kirchenpflege die Beschaffung von Magnetschlaghämmern mit Nachtabsenkung. Diese wurden im Dezember 2022 anstelle der über Drahtzüge mit der mechanischen Uhr verbundenen Fallhämmer für das Schlagen der Glocken installiert und in Betrieb genommen. Die neuen Magnetschlaghämmer wurden an den Glocken 1, 2, 3 und 4 installiert. Die neue Nachtabsenkung kann stufenlos einreguliert werden. Die Auslösung und Umschaltung von Tages- und Nachtbetrieb erfolgt über die bestehende Steuerung. Die Nachtabsenkung ist von 21:55 Uhr bis 06:55 Uhr eingeschaltet.

Durch diese Massnahmen sinken die wartungstechnischen Unterhaltskosten, weil sich die Anlageteile weniger mechanisch abnutzen. Die mechanische Turmuhr bleibt weiterhin bestehen und behält bezüglich Zeigerantrieb ihre Funktion. Die Uhrengewichte wurden allerdings abgelassen und müssen nicht mehr nach jedem Uhrschlag aufgezogen werden. Eine Reaktivierung der alten Technik ist aber möglich, was aus denkmalpflegerischen Gründen auch erforderlich ist.

Das Baurekursgericht schrieb das Verfahren Ende November 2023 infolge Gegenstandslosigkeit als erledigt ab.

Josua Raster, Ressort Liegenschaften


Turm

100 Jahre Hinwiler Kirchturmuhr

Im September 1888 wurde im Hinwiler Kirchturm eine neue Uhr montiert. Diese zeigt, im Gegensatz zur Vorgängeruhr, die Zeit auf allen vier Seiten des Turmes an. Das alte Zifferblatt mit seinen Zeigern war nur auf der Dorfseite sichtbar und unterhalb der Glockenstube montiert. Die blatt-vergoldeten Zeiger werden bei der jetzigen Uhr über Gestänge oberhalb der Glockenstube angetrieben.
Hergestellt und montiert wurde unsere neue "alte" Uhr durch die Turmuhrenfabrik Maeder AG, Andelfingen zum damaligen Betrag von 3900 Franken. Sie ist auch zuständig für Unterhalt und Revision, soweit diese nicht durch den Sigristen ausgeführt werden können.

Bis 1948 musste der Sigrist (oder ein Familienmitglied) täglich in den Turm steigen, um die Turmuhr aufzuziehen und gleich wie bei einer antiken Stubenuhr die Gewichte hochkurbeln, wobei das Pendel ein Gewicht von 30 Kilo hatte. Zur Erleichterung dieser Arbeit und um eine genauere Gangart der Uhr zu erreichen wurde sie vor 50 Jahren elektrifiziert. Die genauen Zeitimpulse (2 x pro Minute) werden im Turm über Funk empfangen. Die Zeiger machen also pro Minute zwei Bewegungsschritte nach vorne. Stromausfälle sowie Umstellungen auf Winter- und Sommerzeit werden automatisch reguliert. Immer wieder wurde unsere Uhr den technischen Möglichkeiten angepasst. Der nächste Schritt zur Computerisierung von Steuerung und Glockenantrieb ist absehbar. Das ehrwürdige mechanische Zahnradlaufwerk wird aber vermutlich auch diese Modernisierung überleben.

Der Schlag der Zeit, also Viertel- und ganze Stunden gehen vom Uhrwerk aus über Drahtzüge auf die seitlich an den Glocken angebrachten Hämmer. Der Stundenschlag wird in Hinwil doppelt angezeigt, wobei der erste Schlag der Stunde die genaue Zeit angibt. Dabei ist Verzögerung durch Distanz und Schallgeschwindigkeit zu beachten.

Im Lied ‘das Munotglöcklein’ heisst es... und ich schlug so fest die Stunde, dass die kleine Glocke sprang...und von Wehmut wird gesungen - ist dies, liebe Leut, von der Hinwiler Zeit zu hören? Mir jedenfalls hat sie noch nie etwas davon erzählt. Anlässlich einer Turmbesteigung zeige ich ihnen aber gerne wieder einmal Glockengeläut sowie das 100-jährige Hinwiler Uhrwerk.

Fritz Kamm, Sigrist
aus Gemeindeseite des Kirchenboten Nr. 17 /1998